Weihnachtsbrief

Liebe Mitglieder und Interessierte,
liebe Freundinnen und Freunde der Städtepartnerschaft mit Beit Jala,

um es gleich vorweg zu sagen: Das Foto dieses stattlichen Weihnachtsbaums vor dem Rathaus im abendlichen Beit Jala stammt aus dem vergangenen Jahr – in diesen Wochen bleibt es dort dunkel. Kein Weihnachtsbaum, keine Lichterketten, kein Umzug der Pfadfinder mit bunter Uniform und Trommelmusik. Weihnachten ist im Heiligen Land traditionellerweise eine Zeit des fröhlichen Feierns, wo christliche und muslimische Familien vielerorts zusammenkommen, um sich am Lichterschmuck zu erfreuen und im öffentlichen Menschengewirr nach dem Weihnachtsmann Ausschau zu halten. Nicht so in diesem Jahr.

Weihnachtsbaum in Beit Jala 2022

Dieses Mal ist Weihnachten in Beit Jala Anlass zu Stille und trauriger Einkehr. Eine Eruption der Gewalt erschüttert die ganze Region, die vor allem Kinder, Mütter und Alte trifft. Im Westjordanland  leben die Menschen in ständiger Angst vor brutalen Siedlerattacken, auch in unserer Partnerstadt gehören Razzien und Verhaftungen zum Alltag. Jesus würde das „Heilige Land“ heute nicht wiedererkennen, stünde er doch auf seiner Reise von Nazareth nach Bethlehem vor abgeriegelten Ortschaften und langen Umwegen.

Nicht nur in unserer Partnerstadt, sondern überall in der Region begehen die Christen das anstehende Weihnachtsfest ausdrücklich ohne äußeren Glanz. Stattdessen feiern sie nur im Familien- und Freundeskreis, mit Gottesdiensten und stillen Liedern. Sie gedenken so der vielen tausend unschuldig getöteten Menschen in Gaza und Israel, blicken genauso wie ihre muslimischen Nachbarn in eine Zukunft, die ungewisser denn je ist. 

Diese fast aussichtslose Situation machte uns unsagbar traurig. Warum müssen Menschen soviel Leid ertragen? Niemals spürten wir unsere Hilflosigkeit so wie in diesen Tagen. Der Kontakt mit unseren Freunden in Beit Jala ist erschwert, dennoch tauschen wir uns regelmäßig aus, hören zu, versuchen Mut zu machen und erfahren über die Lage vor Ort aus erster Hand.

Wir können ehrlicherweise nicht viel tun, aber das Wenige mit Nachdruck anpacken: die Beziehungen zu unseren Freunden pflegen, ihnen zeigen, dass wir sie nicht vergessen, hier bei uns Aufmerksamkeit und Mitgefühl für die Menschen in Beit Jala wachhalten. Wir sind froh, dass im Frühjahr eine städtische Delegation mit Bürgermeister Frank Stein in Beit Jala und Ganey Tikva  war und noch im Herbst eine Gruppe mit jungen Menschen zum Peace-Festival nach Beit Jala gereist ist. Einen ausführlichen Bericht über unsere Aktivitäten des Jahres konnten wir Ihnen in der Mitgliederversammlung im November liefern.

Seit dem 7. 10. sind direkte Geldtransfers weitgehend unmögllch, dennoch leisten wir Hilfe  durch persönliche  Zuwendungen und Spendenbeteiligungen, so gut es geht. Überdies setzen wir uns für die Weiterführung staatlicher Förderprogramme zugunsten der Infrastruktur in Beit Jala ein, weil damit ein konkreter Beitrag zur besseren Gestaltung des Alltags geleistet wird. Und wir hoffen immer noch inständig, im Herbst 2024 die nächste Begegnungsreise nach Beit Jala anbieten zu können. Nie befand sich unsere Städtepartnerschaft in einer derart schwierigen Situation wie derzeit, aber gerade jetzt ist sie wichtiger denn je.

Verlieren wir nicht unsere Zuversicht für ein besseres 2024, für ein rasches Ende des Krieges in Gaza und der Gewalt im Westjordanland. Hoffen wir, dass wir Menschen angesichts der
Katastrophen endlich begreifen, dass Frieden das einzige ist, für das zu streiten lohnt. Wir danken Ihnen ganz herzlich dafür, dass Sie uns die Treue halten und unsere Arbeit unterstützen und wünschen Ihnen besinnliche Feiertage sowie einen erwartungsfrohen Start ins neue Jahr.

Stephan Dekker
Vorsitzender

Jörg Bärschneider
Stellvertretender Vorsitzender

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