Beit Jalas neuer Bürgermeister zu Besuch beim Stadtfest: „Das alles hat mich sehr bewegt!“

Mit den Gästen aus der Partnerstadt im Garten vom Ehrenvorsitzenden des Beit Jala-Vereins, Axel Becker: Issa Juha (2.v.l.), Issa Al Qassis und Issa Nazzal (r.)

Wieder lockte das Stadtfest Tausende Besucher in das bunte Treiben rund um Markt und Rathaus. Und mittendrin die Städtepartnerschaften. Bürgermeister Frank Stein, namentlich Anne Linden und Mila Möltgen von der Stadtverwaltung, sowie einige Vereine und Arbeitskreise boten den auswärtigen Gästen einen herzlichen Empfang mit ausführlichem Besichtigungsprogramm. Gleich mehrere Besonderheiten prägten das diesjährige Begegnungsfest: der Besuch einer Delegation aus der jüngsten Partnerschaft mit Butscha, der vom Tod der englischen Königin überschattete Auftritt der fast 40-köpfigen Egham-Band aus Runnymede und der Antrittsbesuch des neugewählten Bürgermeisters von Beit Jala, Issa Al Qassis. Sein Stellvertreter Issa Nazzal und Stadtingenieur Issa Juha gehörten ebenfalls zur palästinensischen Delegation. An einem den Umständen entsprechend ruhigen Plätzchen vor dem Bergischen Löwen wollten wir vom Bürgermeister wissen:

Sie sind das erste mal in Bergisch Gladbach, ja in Deutschland. Wie geht es Ihnen dabei?

Issa Al Qassis: Ich bin sehr aufgeregt, kann meine Gefühle gar nicht ausdrücken. Ihre Stadt ist so grün, so großzügig angelegt, alles wirkt so lebendig und gut organisiert. Und dann dieser überaus freundliche Empfang, das muss ich erst mal verarbeiten.

Seit Mai führen Sie die Amtsgeschäfte im Rathaus von Beit Jala. Bitte stellen Sie sich den hiesigen Bürgern vor.

Ich bin 1962 in Bethlehem auf die Welt gekommen und habe sechs inzwischen
erwachsene Kinder. Als studierter Ökonom war ich Manager der Bank von Palästina, der Jordanischen Nationalbank und habe sechs Jahre in einer Handelsfirma in Abu Dhabi gearbeitet. Der Bürgermeister von Beit Jala muss ein Christ sein, aber natürlich vertrete ich alle 17.000 Bürgerinnen und Bürger. Als Amtsträger darf ich keinen Beruf ausüben. Zum Glück bleibt mir aber für mein Hobby immer noch Zeit – Gartenarbeit rund ums Haus. Auf meine Olivenbäume habe ich ein besonderes Auge.

Was nehmen Sie mit zurück nach Beit Jala?

Die Erinnerung an die freundlichen Menschen hier. Dann habe ich auch den tollen Beit Jala-Verein endlich persönlich kennengelernt. Das sind alles Menschen, die wirklich helfen wollen und viel für uns tun. Diese Erfahrungen nehme ich mit nach Hause und erzähle davon.

Wie gefiel Ihnen der Beit Jala-Platz?

Das ist zusammen mit Kinderspielplatz und Boule-Bahn ein toller Ort! Das alles zu sehen, hat mich sehr bewegt. Mögen Sie dasselbe Gefühl der Verbundenheit haben, wenn Ihre Besuchergruppe im Herbst nach Beit Jala kommt und wir Ihnen den Bergisch Gladbach-Platz zeigen.

Sie hatten ein längeres Gespräch mit Bürgermeister Frank Stein. Worum ging es?

Herr Stein hat sich nach dem Leben in unserer Stadt erkundigt, wollte wissen, wie es jetzt nach Corona weitergeht. Außerdem sprachen wir über das LEDProjekt zur energieparenden Straßenbeleuchtung. Für die Unterstützung durch Bergisch Gladbach sind wir sehr dankbar. Gerade dieses Projekt hilft uns in der derzeitigen Situation, unsere Energierechnung zu bezahlen. Natürlich habe ich mich auch für die Kehrmaschine und die Unterstützung beim Tourismusprojekt bedankt. Das alles sind sehr konkrete Maßnahmen, die im Alltag der Menschen ankommen. Ich freue mich auch über die Absicht von Herrn Stein, uns im nächsten Jahr zu besuchen.

Im Oktober steht unsere traditionelle Bürgerreise an. Was bekommen die Teilnehmer in Beit Jala zu sehen?

An Details feilen wir noch, doch einige Sehenswürdigkeiten stehen schon fest: der geschichtsträchtige Nikolaus-Pfad, die Trennmauer, die Altstadt und die Quelle auf dem Bergisch Gladbach-Platz im Stadtteil Bir Onah. Daraus haben der Überlieferung zufolge schon Maria und Josef auf dem Weg nach Bethlehem getrunken. Ein Höhepunkt wird auch der Besuch in Familien sein.

Haben Städtepartnerschaften noch eine Zukunft?

Wir alle sind nicht mehr die Jüngsten. Doch wir müssen diese Möglichkeiten des
Austauschs über Grenzen an die nächste Generation weitergeben. Sonst reißt es ab und eine große Chance wäre vertan.

Das Interview führte Jörg Bärschneider

Bürgermeister Issa und Bürgermeister Stein in der Villa Zanders

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